Holy Amphora
Die altehrwürdigen Schatzkammern Afghanistans können zerbrechen, denn sie sind Töpferwerk. Tönern. Antiken Ursprungs. Voluminöse Prunkvasen. Amphoren. Doch sie bewahren die ganze Fülle des Lebens. Als Transportgefäße für Getreide, Früchte, Wasser oder Wein. Und als Hort für Vermögen. Mit Münzen angefüllt, haben in der Erde vergrabene Amphoren über die Jahrtausende gute und traurige Zeiten überdauert. Sie überliefern Wertvolles, halten es zusammen, schützen es, sichern den Nachgeborenen, die sie eines Tages aus dem Boden bergen, den Schatz der Familie. Und die kulturelle Identität des ganzen Landes. Konserviert in reich verzierten Kunstwerken. Amphoren erfahren über diese Tradierung eine mythische wie artifizielle Aufladung. In der afghanischen Kultur gelten sie als heilige Vasen. Dank ihrer gesellschaftlichen Bedeutung unzerstörbar. Und damit alles andere als fragil, sondern grundsolide.
Amphoren künden von der großen Handwerkskunst der Vergangenheit. Und deuten in die Zukunft. Eine von Hoffnung erfüllte Gegenwart, in der die Wertschätzung für die alten Meister an den Töpferscheiben Freude und Inspiration spenden soll. So wie im Werk Niaz Naseris: Er übersetzt die traditionelle Kunst seiner Heimat Afghanistan in eine moderne Sprache. Die heiligen Vasen prunken auf seinen Bildern – mit Aphorismen aus der afghanischen Welt beschriftet – gern dickbauchig-prachtvoll, meist betörend golden und immer in verlockender Üppigkeit. Das pralle Leben mit zwei Henkeln. Gern auch zum Mitnehmen. Voluminöse Sinnbilder kulturellen Reichtums. Welche materiellen Schätze Naseris Amphoren überdies bewahren, obliegt stets der Fantasie des Betrachters